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Sehr geehrter Herr Hackenberg, Herr Wohlfahrt, Herr Bürgermeister Wengert!

Alle hier anwesenden Lehrkräfte!

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, deren Familien und Angehörige!

Gestatten sie mir das ich dem Anlass entsprechend noch ein paar Anmerkungen machen möchte obwohl mein sehr verehrter Herr Vorredner bereits Substantielles von sich gegeben hat, so möchte ich dem heutigen Anlass, doch noch ein paar Punkte vielleicht noch hinzufügen, allerdings in der mir gebotenen Kürze, denn ich weiß, das wir mit kurzen Anmerkungen den Dingen vielleicht gerechter werden können, als wir es mit langatmigen und sonstigen Erzählungen jemals vermöchten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren

Abiturreden sind wohl eine besondere Textgattung. Feierlich soll sie sein, ernsthaft, aber auch lustig, dazu noch persönlich und letztendlich auch noch gebildet.

Wenn man dann gebeten wird, die Rede zur Abitur-Feier zu halten, dann ist dies zunächst eine große Ehre. Anschließend geht einem die Frage durch den Kopf, was wollen die, die mich gebeten haben, ausgerechnet von mir hören? Und nachdem man dann versucht hat, sich so seine Gedanken zu machen, da fällt einem aber auch so überhaupt gar nichts ein. Und sogar einem redefreudigen Menschen wie mir bleibt dann die Stimme weg. Ja, sie mögen?s nicht glauben, aber auch so was gibt es. 

Nun gut, wieder zurück zur Frage was der hoffentlich gespannte Zuhörer erwartet. Ziemlich sicher bin ich mir das keiner wieder einmal eine Geschichte von lustigen Seefahrern oder Elfen hören will, die einen missglückten Vergleich auf neun Jahre Anwesenheit in dieser Bildungsanstalt darstellen sollen. Nein, so was wollen wir nicht hören, denn den Weg von der 5. Klasse bis zum Abitur haben sie liebe Eltern, und wahrscheinlich auch fast alle Lehrer, aufmerksam mitverfolgt und mitgestaltet. So brauche ich nicht noch einmal auf den ersten Schultag, die Wahl der Fremdsprache, Skilager oder die gemeinsame Fahrt der 11. Klassen in eine europäische Stadt einzugehen. Vielmehr sollten wir einmal einen Blick hinter diese bloßen Gewohnheiten des Schulalltages werfen.

Ein schlagfertiger Schulanfänger soll auf die Frage, was er denn den ganzen Tag in der Schule treibe, geantwortet haben: "Warten, bis sie aus ist!"

Wir, Abiturientinnen und Abiturienten, erhalten heute schulamtlich bestätigt, dass es mit diesem Warten ein Ende hat. Wir haben unser Abitur, und Abitur heißt, das wissen Sie alle, spätestens seit Klasse 8: man geht seines Weges, man trennt sich.

Doch hoffe ich, das die hinter uns liegenden Jahre etwas mehr waren als bloßes Warten auf das Abitur mit den damit verbundenen Schwierigkeiten und Strapazen. Zu Bedenken wäre auch hier: Nicht alle fühlten sich diesen Strapazen gewachsen oder haben die notwendige Unterstützung und Zuwendung erfahren, um diesen Weg, ohne Umwege zurückzulegen.

Wir jedoch, haben es geschafft und können nun ganz individuell bestimmen, welchen Weg wir weiterverfolgen möchten. Das ist sicher nicht ganz leicht, da wir uns bisher auf vorwiegend festgeschriebenen Bahnen bewegt haben.

Doch ganz so pessimistisch wie es 1998 an dieser Stelle geschah, möchte ich unsere Zukunft dann doch nicht sehen.

In den vergangenen Wochen machten ca. 246 000 Schüler in Deutschland ihr Abitur! Und Wer heute mit dem Abitur in der Tasche die Schule verlässt, der hat in vielen Berufen so gute Aussichten wie schon lange nicht mehr behauptet jedenfalls Thomas Osterkorn. Dem hätte ich auch nichts weiter hinzuzufügen, außer vielleicht das immer mehr Abiturienten vor einer akademischen Laufbahn an einer Universität zurückschrecken.

Das Interesse an einer Akademikerlaufbahn ist bei uns auf dem Tiefpunkt angekommen.

Woran liegt das? Sind es überlange Studienzeiten oder das Bild vom Taxi fahrenden Akademiker, was immer mehr Abiturienten von den Universitäten weg, hin zum schnellen Berufseinstieg treibt. Liegt solch ein Problem heutzutage vielleicht  noch tiefer begründet. Ist solch eine Reaktion vielleicht auf das Schulwesen oder die Gesellschaft im allgemeinen zurückzuführen. Ist die Einstellung vieler Schüler zum Unterricht jene, die Hartmut von Hentig beschreibt: Man lernt, in der Schule, vor allem Antworten anderer kennen und hersagen, auf Probleme, die man selber noch nicht erfahren hat, oder auf Probleme, die man ohne die Schule gar nicht hätte. Ist für viele Schüler das pure Auswendiglernen von Fakten für Klausuren, deren Sinn und Zweck man nach zwei Stunden eh schon wieder vergessen hat eine unnütze Sache der sie durch einen sofortigen Berufseinstieg nach dem Abitur möglichst schnell entweichen wollen.

Oder ist diese Ablehnung gegenüber einem universitären Studiengang die Angst davor, in einer immer medienorientierteren Welt aus Internet und Fernsehen, mit einem Überangebot an Bildung, oder was sich oft auch nur so nennt, einmal unterzugehen. Wurden wir ja in unserer Schulzeit noch durch dieses unerschöpfliche Labyrinth des Wissens geführt, so sind wir nach dem heutigen Tage auf uns selbst gestellt. In einer Zeit, in der Bildung von Container yappsenden Mechanikern negiert wird. In einer Zeit, in der sich die Vorstellung von Bildung, wie sie sich etwa im Multiple-choice-Verfahren von Quizsendungen wie Wer wird Millionär offenbart, längst verdinglicht hat. Bildung stellt sich dem modernen Zeitgenossen nicht mehr als offenes Unternehmen dar, als eine Wanderung zu immer neuen Horizonten, als ewiges Weiterfragen, als lebenslange faustische Sehnsucht. Heute genügt es oft schon herauszufinden, ob A, B, C oder D richtig ist. Da gibt es immer eine Antwort. Und selbst einmal in die Weiten der Bildung einzutauchen ist für viele nicht mehr reizvoll, ja manchmal sogar gefährlich. Da wird lieber gesagt man habe mit der Politik in Deutschland sowieso nichts mehr am Hut, es sollen sich doch die anderen damit herumärgern. Man selbst sei froh wenn die Kasse stimmt und man keine sonstigen Probleme hätte.

Haben wir es in der heutigen Welt vielleicht soweit gebracht das Schüler die Fähigkeit zum urteilenden Wissen langsam einbüßen. Die modernen Informationstechnologien erwecken den Eindruck, als gehe es nur um eine möglichst vollständige Repräsentation und Berücksichtigung aller Daten, ohne dass dabei die Qualität, die Bedeutung der Daten, einer Prüfung unterzogen werden müssen. Gehen in unserer Gesellschaft Werte wie Toleranz, Solidarität und Humanität zwischen Begriffen wie Leitkultur, Ebusiness und Parteispendenaffäre langsam verloren. Verliert die Jugend langsam den Überblick über wirklich wichtige Dinge im Leben, oder gehört jene Ellbogenmentalität, die auch an der Schule propagiert wird, langsam zur Selbstverständlichkeit unserer Gesellschaft.

Ist die Tendenz hin zum schnellen Einstieg in die Berufswelt einfach nur der Weg des geringsten Widerstandes, ohne viel kritisches Nachdenken, oder aber die zwangsläufige Erscheinung einer immer globalisierteren Welt. Sind die Hochschulen momentan unfähig, praktisches Wissen zu vermitteln und auf das Leben danach vorzubereiten?

Vielleicht beginnt aber dieses Abstumpfen gegenüber den wirklich wichtigen Belangen bereits im Gymnasium. So werden tagespolitische Geschehnisse in Politik und Wirtschaft im Allgemeinen im Unterricht kaum berücksichtigt. Auch die immer häufiger zu Tage tretende Herabwürdigung von kulturellen Ereignissen, wie Weihnachts- und Frühjahrskonzerte von Orchester und Big Band, anlässlich jenen sich das Schuloberhaupt in die letzten Reihen der Zuschauer verzieht um ja nicht gesehen zu werden, sind ein weiterer Beweis dafür, wie man sich eben nicht verhalten sollte. Auch genügt es nicht an historischen Tagen, Fahnen im Pausenhof aufzuziehen, von deren Bedeutung nicht einmal der Lehrkörper bescheid weiß.

Gänzlich unverständlich wird dann Schule, wenn Lehrkräfte ihre Schüler als Diebe denunzieren oder aber ab der 12. Klasse eine völlig neue Notengebung im Fach Deutsch eingeführt wird, bei der der Schüler nach kurzem Intermezzo feststellen muss, dass der Lehrer ja eh am längeren Hebel sitzt..

Auch in Bezug auf die geplanten LK-Fahrten weiß man nicht so recht, ob die Kommunikation innerhalb des Lehrerkollegiums einwandfrei gewährleistet wird. So ist es für mich doch verwunderlich, das an anderen Schulen der gesamte Jahrgang, ohne Schwierigkeiten, eine LK-Fahrt absolviert, wohingegen an unserer Schule wenig Interesse von Seiten der Lehrer, an solch einer Fahrt besteht. Vielleicht ergibt sich auch hieraus das etwas kühle und nüchterne Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern an unserer Schule. Wobei ein auf Distanz bedachtes Verhältnis nicht unbedingt nur Nachteile mit sich führen muss. 

 Doch wann immer Lehrer ihre Position als Vorbild und neutrale Instanz verlassen und Gewohnheiten einmal mächtiger werden als die Vernunft, ist Vorsicht geboten. So will auch ich mich an diesen Satz halten und einen Mann zitieren der einmal gesagt hat: Sollte Ihnen also in Abiturientenlaune danach sein, auf die Schule und Ihre Lehrer loszuschimpfen, so seien Sie vorsichtig und warten Sie erst, was nachkommt. In jedem Fall werden Sie merken, wenn Sie den Schonraum Schule verlassen, dass das Gedränge und die Konkurrenz größer werden, egal ob Sie die Universität oder eine Berufsausbildung ansteuern.

Jedoch sollten auch Lehrer diesem Satz Folge leisten und einmal gründlich darüber nachdenken was sie in jungen Jahren so fabriziert haben. Wir sind ja alle nur Menschen, ja vielleicht größtenteils noch Kinder, von denen verlangt wird, sich stets vorbildlich, tolerant und freundschaftlich zu verhalten, dabei dem Lehrkörper noch Respekt entgegenzubringen und darüber hinaus noch Klausuren zu absolvieren und Noten für unser späteres Leben zu akzeptieren. Da muss mir doch jeder hier zustimmen das es auch da einmal zu gewissen Aussetzern kommen kann, die im Grunde genommen ja keine böse Absicht unserer Seite sind.

Nichtsdestotrotz gab es natürlich nicht nur negative Aspekte. Erwähnen möchte ich hier die überaus tolerante und verständnisvolle Begleitung auf unseren Fahrten nach London, Rom und vor allem Prag, vor zwei Jahren. Angebracht wäre auch hier nochmals eine Entschuldigung für die Geschehnisse bei der letzten Orchesterfahrt nach Ochsenhausen, wobei auch hier auf die überaus gemäßigten Lehrkräfte hingewiesen werden darf. Veranstaltungen wie der nun schon zwei mal organisierte Verkauf zu Gunsten der Ärzte ohne Grenzen zeigen mir, dass unsere Schule durchaus die Fähigkeit besitzt, Solidarität und Humanität unter Beweis zu stellen. Und wenn dies dann noch von Schülern und Lehrern gemeinsam organisiert wird, ja sogar von einer Schülerin eben dieses Jahrganges initiiert wurde, ist dies noch erfreulicher.

Auch gab es doch, und das ist wichtig, in den gesamten neun Jahren, nie Schwierigkeiten zwischen Schülern und Lehrern die wirklich ernsthafter Natur gewesen wären. Und ich glaube auch, keiner von uns könne heute behaupten, dass ihn ein Lehrer mit absichtlicher Bosheit richtig ins Boxhorn laufen ließ. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.

Alles in allem waren diese neun Jahre Schulzeit doch hoffentlich eine Bereicherung für Jedermann. Ich, für meinen Teil habe dieses Gebäude immer sehr gerne betreten und habe es nie bereut das ich mich für das Gymnasium Füssen entschieden habe. Es war eine überaus schöne Zeit der ich heute schon in Trauer nachhänge. So gilt mein heutiger Dank, und der sei von Herzen ernst gemeint, allen Lehrkräften die uns Abiturienten auf unserem langen Weg, tatkräftig unterstützt und begleitet haben. Auch den Eltern sei hier ein Wort des Dankes gegönnt, haben sie doch so manche Launen und Umtriebe ihrer Sprösslinge in den vergangenen neun Jahren erdulden müssen.

Und das Ende? Wird vielleicht der unbefriedigte Zuhörer fragen. Mir bleibt, nach dem heutigen Tag, nach all diesen Erlebnissen, nur eins, euch einen letzten Gruß zu widmen und, wenn auch mit Trauer, so doch ohne Neid, ohne jedes dunkle Gefühl, angesichts des Endes von neun Jahren Schulzeit. Und wenn ihr alle dann dieses Gebäude verlasst, so wird die Trauer um das Vergangene in euerer Seele schmelzen. Und merkwürdig nie zuvor war das Heimatgefühl in euch so tief und stark.

 

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit